Kündigungsgründe: Wann darf der Arbeitgeber kündigen?

Die Arbeitsgerichte in Deutschland haben viel zu tun. Meistens geht es um den Kündigungsschutz. Seit Jahren ist die Zahl der Arbeitsgerichtsurteile im Zusammenhang mit einer Kündigung auf konstant hohem Niveau. Jährlich ergehen etwa 150.000 Urteile. Und die Angst vor einer Kündigung ist bei Arbeitnehmern groß, schließlich geht es oft um die Existenz. Wann und aus welchem Grund darf der Arbeitnehmer entlassen werden? Das Kündigungsschutzgesetz schränkt die Kündigungsgründe des Arbeitgebers erheblich ein.

Kündigungsgründe müssen sozial gerechtfertigt sein

Sozial ungerechtfertigte Kündigungen sind unwirksam – so einfach und klar steht es im ersten Absatz des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) geschrieben. Was sozial ungerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem zweiten Absatz der Vorschrift: Wenn keine Kündigungsgründe für den Arbeitgeber bestehen, ist die Kündigung rechtlich unwirksam. Nur die folgenden drei Gründe können eine Kündigung rechtfertigen:

  • die Person des Arbeitnehmers selbst (personenbedingte Kündigung),
  • das Verhalten des Arbeitnehmers (verhaltensbedingte Kündigung),
  • Umstände, die durch den Betrieb des Unternehmens bedingt sind (betriebsbedingte Kündigung).

In den ersten sechs Monaten eines Beschäftigungsverhältnisses gibt es die Möglichkeit einer Kündigung ohne Begründung, da in diesem Zeitraum der Kündigungsschutz nicht gilt. Auch dies ergibt sich aus dem ersten Absatz des Kündigungsschutzgesetzes.

Diese Wartezeit von sechs Monaten besteht unabhängig von der Probezeit, deren Dauer vertraglich vereinbart werden kann. Die Probezeit hat allerdings Auswirkungen auf die Kündigungsfrist.

Personenbedingte Kündigung

Bei der personenbedingten Kündigung gibt der Arbeitnehmer selbst den Ausschlag für die Entlassung. Er ist nicht in der Lage, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Kündigungsgründe für den Arbeitgeber sind hier zum Beispiel:

  • ein längerfristiger Ausfall wegen Krankheit,
  • die fehlende fachliche oder persönliche Eignung,
  • der Verlust der Arbeitserlaubnis bei Ausländern,
  • der Verlust der Fahrerlaubnis bei Kraftfahrern.

Nicht ausreichend sind dagegen

  • lediglich schwache Arbeitsleistungen, die nicht auf einem Unvermögen des Arbeitnehmers beruhen (hier kommt allenfalls eine verhaltensbedingte Kündigung mit einer vorherigen Abmahnung in Betracht),
  • Krankheiten, die sich nicht auf die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers auswirken.

Ein Beispiel: Arbeitnehmer X ist alkoholsüchtig. Bisher hat sich seine Sucht jedoch nicht auf sein Arbeitsverhalten ausgewirkt. Erst dann, wenn die Alkoholkrankheit des X die betrieblichen Abläufe konkret gefährdet, ist eine personenbedingte Kündigung prinzipiell möglich.

Für die personenbedingte Kündigung gelten grundsätzlich vier Voraussetzungen:

  • Die betrieblichen Interessen sind erheblich betroffen.
  • Es ist wahrscheinlich, dass die Beeinträchtigung nicht nur vorübergehend ist.
  • Es sind keine milderen Mittel ersichtlich, die den Interessen des Arbeitgebers dienen können (zum Beispiel eine Versetzung).
  • Schließlich muss eine Abwägung ergeben, dass die Interessen des Arbeitgebers gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers überwiegen.

Verhaltensbedingte Kündigung

Bei jeder verhaltensbedingten Kündigung muss ein Pflichtverstoß des Arbeitnehmers vorliegen. Der Arbeitnehmer muss sich also – vorwerfbar – vertragswidrig verhalten haben. Zu den Pflichten in einem Arbeitsverhältnis gehört nicht nur das, was im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde. Auch ungeschriebene Verhaltensnormen gehören dazu, zum Beispiel die Loyalität zum Arbeitgeber und Rücksichtnahme gegenüber Arbeitskollegen.

Eine Kündigung ist für den Arbeitgeber stets nur das allerletzte Mittel. Deshalb ist es in der Regel für eine verhaltensbedingte Kündigung notwendig, den betroffenen Arbeitnehmer vorher abzumahnen. Denn dieser muss eine Chance bekommen, sein Verhalten zu ändern. Erst wenn die Abmahnung keine Wirkung zeigt, darf eine Kündigung mit dem pflichtwidrigen Verhalten des Arbeitnehmers begründet werden.

In besonders schweren Fällen kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch fristlos kündigen – ohne ihn vorher abmahnen zu müssen. Bei einer fristlosen Kündigung ist dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zur normalen Kündigungsfrist unzumutbar. Dies liegt zum Beispiel bei einer beharrlichen Arbeitsverweigerung oder einer Straftat am Arbeitsplatz vor.

Betriebsbedingte Kündigung

Bei der betriebsbedingten Kündigung liegt die Ursache für die Entlassung im Bereich des Arbeitgebers. Dringende betriebliche Erfordernisse machen dem Arbeitgeber die weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers unmöglich. Für eine rechtlich wirksame betriebsbedingte Kündigung müssen vier Voraussetzungen vorliegen:

  1. Der Bedarf an Arbeitsplätzen wird wegen betrieblicher Umstände geringer. Beispiel: Eine Abteilung oder Filiale wird geschlossen.
  2. Es gibt keine andere Möglichkeit den betroffenen Arbeitnehmer, beispielsweise durch eine Umschulung oder Versetzung, weiter zu beschäftigen. Nur dann ist die Kündigung dringlich.
  3. Bei einer Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und Arbeitnehmers überwiegen die Interessen des Arbeitgebers. Die Interessensabwägung ist normalerweise schwer vorhersehbar; der Einzelfall wird geprüft und das Gericht entscheidet von Fall zu Fall.
  4. Kommen für die Kündigung mehrere Arbeitnehmer in Betracht, sind diese nach sozialen Gesichtspunkten auszuwählen (Sozialauswahl).

Besonders schwierig ist der vierte Punkt: die Sozialauswahl. Diese beschränkt die Kündigungsgründe für den Arbeitgeber ganz erheblich. Die Sozialauswahl richtet sich nach folgenden Gesichtspunkten:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit,
  • Lebensalter,
  • Unterhaltspflichten,
  • Schwerbehinderung (Menschen mit schwerer Behinderung sind bei der Sozialauswahl besonders geschützt, da das Integrationsamt seine Zustimmung zur Kündigung geben muss).

Wichtig: Von der Kündigung bedroht, sind nicht nur jene Arbeitnehmer, die aktuell auf den gefährdeten Arbeitsplätzen eingesetzt werden. Auch die Kollegen in anderen Abteilungen, die aufgrund ihrer Qualifikationen und Erfahrungen für die Tätigkeiten infrage kommen, müssen in die Sozialauswahl einbezogen werden.

Tipp: Wenn sich die wirtschaftliche Lage Ihres Unternehmens verschlechtert, können Arbeitnehmer auch gebeten werden, bei Bereitschaft Umschulungen zu durchlaufen, um an einem anderen, nicht gefährdeten oder dringenderen Arbeitsplatz eingesetzt zu werden.

Fazit

Das Arbeitsrecht schützt Arbeitnehmer vor unberechtigten Kündigungen, weil die Kündigungsgründe für den Arbeitgeber genau klassifiziert sind. Dadurch wird jede Kündigung für den Arbeitnehmer rechtlich überprüfbar. Bei betriebsbedingten Kündigungen sind vor allem diejenigen Arbeitnehmer im Vorteil, die bereits lange Zeit im Betrieb beschäftigt sind, verhältnismäßig älter sind, Unterhaltspflichten erfüllen müssen oder schwerbehindert sind.

Aber auch bei personenbedingten und verhaltensbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber vieles beachten, damit die Kündigung auch vor einem Arbeitsgericht Bestand hat. Wenn Sie selbst von einer Kündigung betroffen sind, lohnt sich die Überprüfung des Kündigungsschreibens durch einen Rechtsanwalt. Kündigungsschutzklagen sind nämlich häufig erfolgreich.