Werbung in sozialen Netzwerken: BMJW plant Gesetz zum Schutz von Influencern

Was gilt beim Posten in sozialen Netzwerken wie Instagram als Werbung – und was nicht? Um Bloggern und Influencern in Deutschland künftig mehr Rechtssicherheit zu geben, plant das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) ein neues Gesetz zur Kennzeichnung von Werbung in sozialen Medien. Das kündigte Gerd Billen, der Staatssekretär im Justizministerium, im ZDF an.

„Dass Beiträge, die bezahlt werden, als Werbung gekennzeichnet werden müssen, ist eine Selbstverständlichkeit und muss auch in Zukunft erfolgen. Aber wenn Dinge gepostet werden, für die es keine Gegenleistung gibt, können wir Rechtssicherheit schaffen, indem nicht alles und jedes schon aus Angst vor einer Abmahnung als Werbung gekennzeichnet wird.“

Gerd Billen, Staatssekretär im Justizministerium, zum ZDF

Der Streit um Cathy Hummels: Wieso braucht es überhaupt ein Gesetz für Influencer?

Abmahn-Kanzleien und Organisationen wie der „Verband Sozialer Wettbewerb“ (VBS) mahnen berühmte Instagram-Persönlichkeiten regelmäßig wegen angeblicher Schleichwerbung ab; deshalb markieren viele Ihre Beiträge vorsorglich mit Bildunterschriften wie „Bezahlte Partnerschaft“, „Werbung“ oder „Anzeige“ – selbst, wenn sie von den Unternehmen kein Geld oder anderweitiges Gegenleistungen dafür erhalten haben.

Oft genug gibt es aber trotzdem Streit, und nicht selten landen die Fälle vor Gericht. Jüngst sorgte der Fall der Influencerin Cathy Hummels (Instagram: @catherinyyy ) – Ehefrau des Fußballspielers Mats Hummels – für Aufsehen: Angeblich habe sie einen Beitrag auf Ihrem Account als Werbung kennzeichnen müssen, so jedenfalls der VBS, der wegen angeblicher Schleichwerbung gegen Hummels geklagt hatte. Das Landgericht München hatte die Klage aber abgewiesen, da keine Beweise für eine Gegenleistung für den Beitrag der Influencerin vorlagen.

Uneinheitliche Rechtsprechung

Die Rechtsprechung ist allerdings nicht einheitlich: So wurde z.B. die Influencerin Pamela Reif (Instagram: @pamela_rf ), die über vier Millionen Follower auf Instagram hat, dazu verurteilt, dass Werbung in ihrem Kanal eindeutig als solche gekennzeichnet werden muss. Wenn der Nutzer mit nur zwei Klicks auf die Seite eines kommerziellen Unternehmens gelange – die Reif in Ihren Posts markiert hatte – spiele es auch keine Rolle, ob Geld geflossen sei oder nicht. Schließlich würde sie sich als Influencerin mit jedem Post selbst vermarkten und womöglich künftige Partnerschaften erwerben oder pflegen wollen – auch ohne Gegenleistung handle Reif also kommerziell. Hier ließen die Richter auch das Argument nicht gelten, dass wegen Reifs Influencer-Status und der hohen Anzahl an Followern jedem klar sein müsse, dass es sich insgesamt um ein kommerzielles Profil handle – bei Hummels dagegen schon. Auch bei den Gerichten gibt es zum Thema Werbekennzeichnung also unterschiedliche Auffassungen – daher sieht man beim BMJV nun scheinbar Handlungsbedarf, um eine weitere Abmahnwelle gegen Influencer zu vermeiden und Rechtsklarheit zu schaffen.

Altes Recht für neue Berufsbilder

Bislang gilt das Verbot der Schleichwerbung für alle Medien; dies steht in § 5a Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Das heißt: Der „kommerzielle Zweck“ einer „geschäftlichen Handlung“ muss kenntlich gemacht werden. Einzige Ausnahme: Wenn jeder sehen kann, dass es sich ganz offensichtlich um Werbung handelt, muss diese nicht gekennzeichnet werden.

„Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.“

§ 5 Abs. 6 UWG

Was bei dem Geschäftsmodell der Influencer unter „kommerziell“ und „geschäftlicher Handlung“ zu verstehen ist, ist aber nicht ganz einfach zu beantworten – das zeigt sich allein schon an den unterschiedlichen Urteilen der Gerichte. Es handelt sich jedenfalls um ein ganz neues Geschäftsmodell – wussten Sie z.B., dass die einflussreichsten Youtuber bis zu eine Million Euro mit Werbung verdienen können und der Post eines Influencers manchen Unternehmen fünfstellige Beträge wert ist?

„Stakeholder“-Dialog mit Influencern

Der Ankündigung des BMJV ging ein „Stakeholder“-Dialog voraus, bei dem Influencer unter anderem mit Regierungsmitarbeitern, Staatssekretären sowie dem für seine Abmahnungen gegen Influencer bekannten VBS zusammentraten, um ein mögliches Gesetz zu diskutieren. Mit dabei war Ann-Katrin Schmitz, Expertin für Social-Media und Influencer-Marketing und Co-Founderin des bekannten Instagram Accounts @novalanalove mit einer Million Followern. Auf ihrem eigenen Account @himbeersahnetorte, der ebenfalls rund siebenundsiebzigtausend Follower aufweisen kann, berichtete sie von dem Dialog und positionierte sich klar für ein „Influencer-Gesetz“, um Rechtssicherheit zu schaffen. Unklarheit gibt es ihr zufolge in vielen Bereichen, so z.B., ab wann man eigentlich genau als Influencer gelte. Außerdem wirft sie die Frage auf, warum beispielsweise Printmagazine ihre Produktplatzierungen stellenweise nicht kennzeichnen müssen, während Influencer selbst bei gewöhnlicher redaktioneller Arbeit und ehrlichen Empfehlungen abgemahnt werden. In ihrer Instagram-Story sagte sie:

„Es wird angenommen, dass sich wie im Fall der klassischen Presse, der ‚Markt‘ selbst reguliert. Es gibt hier nämlich ebenfalls zahlreiche Verbände, die sich in der Vergangenheit gegenseitig selbst so oft abgemahnt und verklagt haben, dass eine Art ‚Selbstregulierung‘ eingetreten ist.

Mit anderen Worten: Es wird sich so lang ein Battle geliefert, bis alle wissen, woran sie sind und sich korrekt verhalten wird. Kann man natürlich so machen. Oder man legt halt klare Regeln fest.“

Ann-Katrin Schmitz, Unternehmerin und Expertin für Social-Media und Influencer-Marketing, Co-Founderin @novalanalove und zu finden auf @himbeersahnetorte.

Auch wurde nach Schmitz‘ Meinung die Veranstaltung in den Medien bislang nicht ganz vollständig wiedergegeben. Denn dort klang es vermehrt so, als sei das Gesetz bereits beschlossene Sache. Tatsächlich aber sei unter anderem gesagt worden, dass „die Zeit (für ein Gesetz) noch nicht reif sei“ (so laut Schmitz der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.) und man zunächst eine BGH-Entscheidung abwarten müsse. Auch Schlichtungsverfahren oder eine Verpflichtung der Plattform-Betreiber selbst seien diskutiert worden.

Um den klassischen Interessenverbänden etwas entgegenzusetzen, hat sie noch einen weiteren Vorschlag:

„Es gibt aktuell gar keinen Verband, der sich für Influencer, Blog-Betreiber und Co. Stark machen könnte. Ich glaube, dass sich ‚selbstständige Medienmacher‘ (die nicht für große Verlage und Unternehmen arbeiten), zusammenschließen müssen, um ihre Interessen besser zu vertreten. Ich sage bewusst nicht ‚Influencer‘, weil das für wesentlich mehr Berufsgruppen gilt, die darunter fallen. Und in Zukunft darunter fallen werden.“

Ann-Katrin Schmitz, Unternehmerin und Expertin für Social-Media und Influencer-Marketing, Co-Founderin @novalanalove und zu finden auf @himbeersahnetorte.

Nicht nur Schmitz zufolge wird das Thema mit der Zunahme an digitalen Geschäftsmodellen im Netz immer wichtiger werden. Es bleibt also spannend, wie es in der Kennzeichnungsdebatte weitergehen wird.